Siedlung Rahser in Viersen

Viersener „Siedlungsgeschichte“: Siedlung Rahser

Die Entstehung von Wohnraum zieht sich durch das ganze 20. Jahrhundert

Die Siedlung Rahser ist, ebenso wie die bereits vorgestellte Siedlung Bachstraße, im 20. Jahrhundert entstanden, als der Siedlungsbau für die Viersener Stadt- und Baugeschichte besonders bedeutend war. Die zunehmende Nachfrage nach innerstädtischem Wohnraum ließ die Siedlung Rahser im Norden von Viersen über das ganze 20. Jahrhundert hinweg in einzelnen Etappen entstehen.

Die Geschichte der Siedlung Rahser

Die Stadt Viersen erfuhr im 20. Jahrhundert einen sprunghaften Anstieg der Bevölkerungszahlen, die den Bedarf an erschwinglichem Wohnraum mit sich brachte. Angesichts der steigenden Anzahl an Arbeitskräften durch die Industrialisierung, der Aufnahme von Flüchtlingen nach dem zweiten Weltkrieg und dem „Babyboom“ der 1960er Jahre spielte der Siedlungsbau in Viersen eine bedeutende Rolle. Der Wohnraum sollte schnell geschaffen, funktional und vor allen Dingen auch erschwinglich sein.
 
Der Name „Rahser“ entstammt dem Namen eines mittelalterlichen Gehöfts, dem Hof „von Raethuysen“. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts standen hier lediglich einzelne „Häuser“, die als bäuerliche Anwesen in Erscheinung traten. Mit der Eröffnung der ersten Textilfabriken und dem Zuzug von Arbeitskräften änderte sich das Stadtbild im Norden von Viersen rasant. Zwischen 1900 und 1955 entstand hier, östlich von der Ausfallstraße nach Viersen zwischen Bahntrasse und der Ortsanlage Oberrahser, die Siedlung Rahser. Sie steht seit 1999 komplett unter Denkmalschutz.

Die Häuser der Siedlung Rahser

Das oberste Ziel der Siedlung Rahser war, funktionalen Wohnraum zu angemessenen Mietpreisen und einer späteren Kaufoption zu schaffen. Daher wurde die Architektur eher zweckmäßig und schlicht gehalten. Die sachlichen Grundrisse und eine bescheidene Ausführung der Häuser sollten mit ortüblichen Baustoffen und unter Vermeidung überflüssiger Ornamente umgesetzt werden und sich ins das Viersener Ortsbild und die Umgebung einpassen. Eine ausgewogene Mischung aus Einheitlichkeit und Individualität standen im Fokus, um eine harmonische Gesamtwirkung der Siedlung Rahser zu erreichen.

Die ersten Häuser der Siedlung Rahser entstanden in den 10er-Jahren des 20. Jahrhunderts auf der Südseite der Rahserstraße. Ebenfalls stammen die Häuser 101-115 aus dieser Zeit. Im Jahr 1911, also auch noch vor dem Ersten Weltkrieg, wurde an der Kreuzung Regentenstraße/Nauenstraße mitten auf dem damaligen Feld eine Volksschule errichtet. In unmittelbarer Nachbarschaft der Schule entstand 1915 der Plan für den Bau einer Kirche. Sie wurde als Kirche St. Notburga im Jahr 1929 eingeweiht. Bereits im frühen 20. Jahrhundert war das Ziel beim Ausbau neuer Siedlungen, diese mit einem eigenen Zentrum auszustatten.

Nach dem Ersten Weltkrieg hat sich die Wohnungssituation in Viersen nochmals drastisch verschärft, sodass die Siedlung Rahser in den 20er-Jahren um einen Großteil erweitert wurde. Die Häuserreihen an der Regenten- und der neu angelegten Nauenstraße entstanden zu diesem Zeitpunkt. Bauherrinnen waren die Spar- und Baugenossenschaft Viersen (spätere Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft Viersen), die VAB (Viersener Aktienbaugesellschaft), die Aktienbaugesellschaft des Kreises Gladbach und die Stadt Viersen selbst. Als Architekten waren Willy Esser, der Erbauer des Stadtbades, Josef Gormanns sen. und Max Lawaczeck, langjähriger Viersener Stadtbaurat, aktiv.

Die Häuser an der Regentenstraße erzeugen mit ihren Giebeln, den geschweiften Abschlüssen und dem Wechsel aus Putzfeldern und Backsteinflächen einen malerischen Eindruck in dieser Siedlung. An der Nauenstraße sind die Häuser aufgrund ihrer klaren Linien im Sinne der neuen Sachlichkeit ein Hingucker. Durchgänge, Vor- und Rücksprünge, besondere Eckausbildungen und spezielle Platzerweiterungen sorgen hier für Spannung und Abwechslung.

In den 30er-Jahren erfuhr vor allem der Bau von Mehrfamilienhäusern an der Alsen-, Düppel- und Geldener Straße einen Aufschwung. Eine weitere starke Bauphase schloss sich nach dem Zweiten Weltkrieg an. Sie setzte die Straßenbebauung fort und schloss noch vorhandene Lücken an der Rahserstraße und der Pastor-Lambertz-Straße. Die Entwürfe stammten hauptsächlich von Willy Esser und Josef Gormanns jun. Diese Gebäude liegen zum Teil hinter kleinen Vorgärten, sodass bereits in der damaligen Städtebaulichen Vorstellung der Moderne die Durchgrünung und Durchlichtung der Siedlung eine Priorität einnahmen.

Die Bebauung wird immer wieder von Frei- und Gartenflächen unterbrochen. Innerhalb der Blockbebauung an der die Kreuzung Nauenstraße und Regentenstraße wurden zwischen 1938 und 1941 vier Kleingartenanlagen angelegt, die bis heute als seltenes Zeugnis des historischen Kleingartenwesens gelten.

Ein weiteres Stück Siedlungsgeschichte ist der Stadt Viersen mit der Siedlung Rahser erhalten geblieben. Sie gilt als ein Musterbeispiel, wie trotz verschiedener Bauphasen, Architekten und Bauträgerinnen über viele Jahrzehnte hinweg eine klar strukturierte, ganzheitliche städtebauliche Grundform verfolgt werden kann.

 

Herzliche Siedlungsgrüße aus Viersen

 

Ihre Daniela Mischel

 

 

Quellen: Viersen aktuell Ausgabe 02/22, S. 18-19

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