Auf den Spuren Napoléon Bonapartes
Der Nordkanal – von Napoléon geplant, doch niemals vollendet. Er sollte von Antwerpen in den Niederlanden (heutiges Belgien) bis zum Rhein in Deutschland verlaufen und die Region zwischen Maas und Rhein verbinden. Heute erinnert Bonapartes “grand canal du nord” an die geopolitische und wirtschaftliche Bedeutung der Region. Die ersten Bemühungen, den Rhein und die Maas über eine schiffbare Wasserstraße zu verbinden, geht mit der nie fertig gestellten Fossa Eugeniana allerdings sogar bis ins 17. Jahrhundert zurück, also schon weit vor die kaiserliche Zeit Bonapartes.
Die Planung des Nordkanals
Unter napoleonischer Führung wurden die Gebiete zwischen Rhein und Maas nach jahrhundertelanger Spaltung Anfang des 19. Jahrhunderts vereinigt, um eine bessere verkehrsmäßige Erschließung zu erreichen. Der Nordkanal sollte vom Rhein bis zur Maas und von der Maas bis zur Schelde den französischen Seehafen in Antwerpen mit den südniederländischen Gebieten und den Handelszentren am Rhein auf kürzestem Weg verbinden. Der Grund hierfür lag in militärischen Auseinandersetzungen mit Großbritannien, das Bonapartes nicht mit militärischen Mitteln bezwingen konnte. Daraufhin verhängte er die Kontinentalsperre, an die sich die Niederlande allerdings nicht hielten, um die eigene Wirtschaft nicht zu schwächen und sogar Vorteile aus der Situation zu ziehen. Napoléon suchte daraufhin nach einem Weg, die Niederlande zu umgehen. Die direkte Verbindung von Rhein über Maas und Schelde bis zum unter französischer Kontrolle stehenden Hafen in Antwerpen war die Lösung.
Bereits 1807 sollte mit dem Bau des Nordkanals, geteilt in zwei Sektionen, begonnen werden. Auf einer Länge von 53 km wurde die Trassenführung von Napoléons Chefingenieur Aimable Hageau erarbeitet. In der Planung ist von drei Häfen die Rede. Am Rhein, in Venlo und sogar in unserem Stadtteil Süchteln war ein Hafen vorgesehen, der 1811 nahezu fertiggestellt war. Zu diesem Zeitpunkt ließ Napoléon den Bau des Nordkanals schon wieder einstellen. Das ehemalige Hafengelände erstreckte sich in Verlängerung der heutigen Freudenbergstraße zwischen der Tönisvorster Straße im Süden und der Grünfläche vor der Johannes-Kepler-Realschule im Norden.
Auf der Route des Nordkanals sollten 16 Schleusen- und Brückenwärterhäuschen errichtet werden. Mithilfe von Zugbrücken sollte der Verkehr an den wichtigsten Knotenpunkten über den Kanal gewährleistet sein. Das benötigte Wasser sollte über die Erft und die Niers gespeist werden, damit auch in den trockenen Sommermonaten immer ausreichend Wasser zur Verfügung gestanden hätte.
Im Jahr 1811 ließ Napoléon den Bau des Nordkanals wieder einstellen, sodass heute nur Fragmente wie die Schleuse Louisenburg an den Plan erinnern. In Viersen verweisen noch der Straßenname „Am Nordkanal“ sowie der dort angelegte Wasserlauf auf das historische Projekt.
Der Verlauf des Nordkanals
Der Nordkanal sollte von Grimlinghausen, einem heutigen Stadtteil von Neuss, über Neuss, Holzbüttgen, Schiefbahn, Neersen, Viersen-Donk, Viersen-Sittard, Süchteln, Grefrath, Krickenbecker Seen, Herongen, Straelen durch die Heronger Buschberge bis nach Venlo verlaufen. In Grimlinghausen, Süchteln und Venlo waren Häfen geplant. Zur Überwindung der Höhenunterschiede und als Schutz vor Hochwasser an Rhein oder Maas wurden neun Schleusen skizziert. Die Kanaltiefe sollte etwa 2,60 m und die Breite ca. 16 m betragen. Für die Fertigstellung des gesamten Verlaufs des Nordkanals sollten 3,25 Millionen m³ Erdmassen bewegt werden. Ein 20 Millionen Franc teures Projekt, welches nie fertigstellt wurde. Nach der Grundsteinlegung am 3. Juli 1809 wurde ein Jahr lang hart am Kanal gearbeitet, bis am 9. Juli 1810 Holland mit Frankreich vereinigt wurde, nachdem Napoléon seinen Bruder Ludwig als König der Niederlande zur Abdankung gezwungen hatte. Jetzt hatte Napoléon direkte Kontrolle über die holländischen Seehäfen, sodass das Projekt „Nordkanal“ nicht mehr benötigt wurde. Nachdem bereits ein Drittel des Kanalverlaufs fertiggestellt war, wurden die Bauarbeiten zum 1. Januar 1811 eingestellt.
Fietsallee am Nordkanal
Die Geschichte der einst geplanten Wasserstraße können Sie heute durch das Land-Art-Projekt “Fietsallee” ideal mit dem Fahrrad erkunden. Ein blaues Band markiert auf der gesamten Länge die Strecke zwischen Neuss und Nederweert. In Form von Bodenmarkierungen oder Stelen können Sie dem deutschen Verlauf des ehemaligen „Nordkanals“ folgen. In den Niederlanden weisen blaue Markierungen an Laternenpfosten auf den Verlauf der Fietsallee hin. Ihnen sind vielleicht auch schon einmal die orange-weiß gestreifte Markierungsstangen aufgefallen? Sie markieren abseits der Fahrradroute die geplante Trasse des Nordkanals.
Viersen, aber vor allem der Stadtteil Süchteln, schreibt französische Geschichte. Unter napoleonischem Einfluss wurde unser Stadtbild geprägt und erinnert noch heute an den einstigen Kaiser.
Napoleonische Grüße aus Viersen
Ihre Daniela Mischel